Es ist nun ein paar Tage her und ich habe mich etwas sortieren können. Am letzten Wochenende verbrachte ich mit meinen beiden Hunden die Zeit auf einem Rudelseminar von Maja Nowak. Nach meinem Führungsseminar im letzten Jahr, auch im Dog Institut, allerdings bei Jaqueline Runge, freute ich mich darauf, mich zum nächsten Seminar anmelden zu können. Im Juli vergangenen Jahres zog Sopa bei uns ein und im Oktober konnte man sich für die Seminare in 2014 anmelden. Mit zwei Hunden war dann natürlich klar, dass ich das Rudelseminar besuchen möchte und meldete mich an und freute mich riesig, als die Bestätigung kam. Damals ging es in der Seminarankündigung, um die Führung der Hunde im Alltag, das Verstehen mehrerer Hunde im Haushalt, die eigenen Kompetenzen finden und auf Majas Art Grenzen zu setzen. Ich freute mich so sehr darauf, denn im Führungsseminar hatte ich so viel gelernt und damals 3 wunderbare Tage mit wunderbaren Trainern verbracht. (Könnt ihr auch hier nachlesen)
Oktober bis Juni war eine lange Wartezeit, in dieser verfolgte ich die Sendungen im ZDF, las noch 2 Bücher von Maja und erlebte sie auf zwei Lesungen. Die Begeisterung wuchs. Das Thema Rudelstellung tauchte auch auf und ich las mir einige Informationen dazu durch, befasste mich aber eher oberflächlich mit diesem Thema. Es war interessant und ich war natürlich auch neugierig darauf, welche Stellung meine beiden Hunde haben werden und wie ich diese in meinem Umgang mit ihnen berücksichtigen muss.
Nun war es soweit, das Seminar stand an und ich erhielt eine Mail. Wir wurden informiert, dass Barbara Ertel zum Seminar hinzukommen wird, um unsere Hunde aufzustellen, da nur sie dies kann. Ok, dachte ich und wunderte mich etwas, dass die Mail so einen großen Knoten in meinem Bauch verursachte. Irgendwie waren die Formulierungen komisch. Man sollte genau darüber nachenken, ob man am Seminar teilnehmen möchte. Denn natürlich kann bei der Aufstellung der Hunde auch ein unschönes Ergebnis für den Halter herauskommen. Was könnte wohl passieren? Man könnte nicht passende Hunde haben und dann die Konsequenzen ziehen müssen. So war es geschrieben und gewollt. Kann ich das im Vorfeld? Kann ich mich in alle Situationen hineinversetzen, die so eine Aufstellung mit sich bringen kann? Ich war mir sicher, dass ich das vorab nicht kann und denke, dass sich daraus auch dieser Knoten gebildet hat. Vielleicht hatte mein Bauch auch einfach wieder das richtige Gefühl und warnte mich vor diesem schlimmen Erlebnis. In dieser Mail wurden wir außerdem darauf hingewiesen, dass die Hunde am ersten Seminartag einige Zeit im Auto bleiben müssen. Wie lange stand, leider nicht dabei. Ich schrieb also zurück, dass ich das Seminar besuchen werde und fragte, was mit den Hunden passieren wird, wenn die Temperaturen steigen und man seinen Hund keine 5 Minuten im Auto lassen möchte. Ich erhielt darauf keine Antwort.
Der Wetterbericht zeigte am Vortag 17° und so fuhr ich zum Seminar, ohne schlechtes Gefühl. Ich ging davon aus, dass Emmi und Sopa ein paar wenige Stunden im Auto warten müssen, bis alle anderen Hunde eingeschätzt wurden und dann mit mir aussteigen dürfen und das Seminar so richtig startet. Ich dachte falsch.
Wir kamen an, parkten, ich sicherte mein Auto, so dass meine beiden Mäuse nicht hinausschauen konnten und keine anderen Hunden sahen. Dann meldete ich mich an und unterschrieb AGBs, die ich leider vorab nicht gelesen habe. Was darin stand, kann ich nicht genau sagen. Ob es die AGBs von Majas Seite waren, oder noch etwas anderes darin stand, keine Ahnung. Ich bereue jetzt, dass ich nicht nachgelesen habe, hätte aber wohl zu diesem Zeitpunkt diese trotzdem unterschrieben.
Weiter wurde nichts erklärt. Wir alle (ca. 18 Menschen, die mit Hunden angereist waren, ca. 10 Personen ohne Hunde, einige Trainer, Hospitanten, Mitarbeiter usw., sagen wir ca. 60 Personen) nahmen in einem Zelt Platz und Barbara Ertel begann ihren Vortrag zum Thema vererbte Rudelstellung. Eine Frau so an die 60, sehr konsequent in ihrer Ausdrucksweise, Kettenraucherin und für mich, wenig sympathisch. Der Vortrag dauerte etwa eine Stunde, dann begann die Einschätzung der Hunde.
Die Aufstellung begann mit einer Besitzerin von 4 Maltesern. Nacheinander wurden die Hunde einzeln auf den Platz geführt, Frau Ertel gab eine Einschätzung ab und holte Hunde zum Gegenschätzen hinzu. Dann wurde die Stellung festgelegt. Bei ihren 4 Maltesern kam ein zweifacher Doppelbesatz heraus. zwei MDHs und zwei N3s. Katastrophe für alle Beteiligten. Jedenfalls wurde dies so von allen "Wissenden" formuliert.
Es fielen Worte wie "Der MDH taugt was, der andere kann weg." - "Die beiden würde ich behalten, die anderen müssen weg." - "Ich hätte auch jemanden, der würde deinen MDH sofort nehmen."
Was? Wie bitte? Darf ich erst einmal über das nachdenken, und es verdauen, was hier festgestellt wird? Der Umgangston war hart, in keinster Weise einfühlsam und ich kam mir vor, wie auf einer Tauschbörse. Nur leider ging es nicht um farbige Lampen, die nicht zueinander passen, sondern um unsere Hunde, unsere Familienangehörige.
Es folgte noch ein Halter mit seinen Hunden, dann waren wir dran. Ich musste zuerst mit Emmi in ein großes eingezäuntes Gelände gehen und Frau Ertel sah zu, wie Emmi ihrer Wege ging. Kolleginnen von ihr kommentierten das, was sie selbst sahen, denn oft konnte man als Zuschauer nicht verstehen, was Frau Ertel sagte, wenn sie mit den Hundebesitzern sprach. (Manchmal war das wohl auch gut so.)
Kastriert, 2 Jahre, aus dem spanischen Tierschutz. Das war noch wichtig zu sagen, dann war alles klar: Emmi ist ein hinterer Bindehund N3, dreist, aber fähig, denn Straßenhunde haben so etwas noch instinktiv in sich.
Ok? Emmi ein Straßenhund? Wer sagt das? War sie nie. Sie zog als kleiner ein paar Wochen alter Welpe zu einer Frau und wuchs dort als ganz normaler Familienhund auf, bis sie mit ein paar Monaten zu mir kam. Erfahrung auf der Straße hat Emmi sicher nie gemacht.
Dann kam Sopa, gleiches Spiel, kastriert, 2,5 Jahre, spanischer Tierschutzhund. Sopa ging genauso ihrer Wege wie Emmi, nur wälzte sie sich irgendwann vor mir auf dem Rücken. Es war sofort klar: Sopa ist ein vorderer Bindehund V3, auch dreist, aber auch fähig. Natürlich bekamen auch beide jeweils 2 verschiedene Hunde zum gegenchecken vor die Nase gesetzt. Emmi fand den einen super, den anderen total blöd. Sopa fand beide blöd. Ich sah da nichts, was mir die Stellung hätte erklären können. Das ich schon vorher annahm, dass beide keine Leithunde waren, sondern Bindehunde, war ja gar nicht so schlecht. Richtig toll fand ich, dass ich sogar Sopa nach vorn und Emmi schon in das hintere Rudel sortiert hatte. Meine Wahrnehmung in Bezug auf meine Hunde, ist also gar nicht so falsch.
Ich brachte meine Hunde zum Auto und plötzlich folgte mir eine Mitarbeiterin mit Wattestäbchen und forderte mich auf, DNA Proben von meinen Hunden nehmen zu wollen. Bitte was? Wozu? Ok, damit soll die Rudelstellungstheorie wissenschaftlich belegt werden. Dann mal los. Aber warum wird man darüber nicht vorab informiert? Schon wieder ein komisches Gefühl.
Bei einigen Hundehaltern klebten die Hunde am Bein und konnten mit anderen Hunden gar nichts anfangen. Das alles wurde natürlich mit ihrer Stellung im Rudel begründet. Und das diese in Unstruktur lebenden Hunde, völlig verstört sind und nicht natürlich reagieren können. Ob dieses "Kleben" auch an der Haltung und den Umgang mit den Hunden liegt, spielte überhaupt keine Rolle. Ich sah zu, sah aber nichts. Nichts von dem, was anscheinend die meisten der Anwesenden zu sehen schienen. Liegt das an mir? Oder steht mir da einfach meine ganzheitliche Sicht auf die Hunde im Weg?
Kommen wir noch einmal zu den Maltesern: Es handelte sich um eine Hündin mit ihren drei Welpen, die nun aber schon lange aus dem Welpenalter waren. Die Mutter wurde von allen Welpen gemoppt und attakiert. Liegt wohl an der Rudelstellung, könnte man meinen. Ich konnte die Besitzerin das gesamte Wochenende beobachten und würde hier mal meine Einschätzung abgeben: Die Hündin brachte ihre Welpen zur Welt, die Besitzerin behielt 3 der süßen Kleinen und kümmerte sich rührend um die kleinen weißen Fellknäule. Hochnehmen, streicheln, schmusen, spielen. Die Hündin wird natürlich erst einmal ein klein wenig vernachlässigt. Jedoch ein fataler Fehler beim Heranwachsen der Kleinen, denn die nehmen dies natürlich wahr und ordnen ein, was sie sehen: Die Mutter ist schwächer und wir stehen im Mittelpunkt. Zusammen machen wir sie also noch kleiner und aus den niedlichen kleinen Knäulen, werden kleine "Bestien", die nicht sehr nett mit ihrer Mama umgehen. Ob das stimmt, ich weiß es nicht. Es ist einfach meine Vermutung.
Der gesamte Freitag ging mit diesen Einschätzungen so weiter. Schlussendlich saßen Emmi und Sopa 9 STUNDEN im Auto und ich war so genervt und gestresst davon, dass sich mein Knoten im Bauch noch mehr zusammen zog. Dieser war eh schon ein Dreifachknoten, denn alles was ich an diesem Tag erlebte, war so erschütternd menschen- und tierverachtend. Der Umgangston war hart und unfair. Es fielen Worte wie "Verbrecher", "Tierquäler" usw., wenn man mit einer Konsequenz nicht umgehen konnte. Fragen wurden nur beantwortet, wenn man damit die Rudelstellungstheorie stärken konnte. Hinterfragen durfte man das nicht.
Mit einem schlimmen Gefühl fuhr ich in mein Apartment und war völlig erledigt von diesem Tag, an dem ich von Maja Nowak so gut wie gar nichts mitbekommen habe.
Was passiert wohl am nächsten Tag? Klar war, dass dann die strukturierten Rudel aufgestellt werden sollten und wir an ihnen sehen werden, wie dann die Hunde kooperieren und miteinander arbeiten. Ok, vielleicht habe ich bisher einfach nicht verstanden, worum es geht. Bleibe ich dabei und schaue mir das an. Dann geht ja auch sicher das "richtige" Seminar mit Maja los. Eben das, was ich ja eigentlich gebucht hatte.
Am Samstag ging es dann weiter: Auotknast für Emmi und Sopa. Emmi durfte ich zwei Mal aus dem Auto holen und sie wurde mit einem Hund in den Auslauf gelassen. Und wieder das gleiche Bild: zwei Hunde der gleichen für Emmi passenden Stellung, einen findet sie toll, den anderen ganz schön doof. Und dabei waren die doch beide passend für sie?! Sopa wurde an diesem Tag nicht gebraucht. Ich schaute mir also 7 Stunden lang strukturiere Rudel an, die für mich einfach keine Struktur erkennen ließen. Meist war es ein buntes Durcheinander, Gebelle, Gerenne, Gezanke, oder einfach totales Desinteresse aneinander. Das ein Rudel mal in einer Reihe hintereinander sortiert und geordnet lief, sah ich leider nicht. Da meine Hunde ja nun aber auch ab und zu mal etwas Bewegung brauchten, ging ich mit diesen alle paar Stunden mal eine Weile in den Wald. Vielleicht habe ich das strukturierte Rudel auch einfach verpasst. Der zweite Tag ging zu Ende, wieder erlebte ich so gut wie gar nichts von Maja, sondern nur Frau Ertel, wie sie Menschen demütigte, mit Worten klein machte, Druck ausübte und Fragen auswich. Beeindruckend fand ich einen ihrer Hunde, ein kurzhaariger Jagdhund, der in einem Rudel lief. Ich beobachtete ihn genau und sah an seinem Halsband etwas großes hängen. Erst dachte ich, es ist eine kleine Kamera, denn alles wurde die ganzen Tage gefilmt. Doch dann fragte jemand, was es denn sei. Frau Ertel fummelte schnell das Teil ab und sagte, dass der Hund ab und an jagen geht und sie damit einmal "piep" macht, wenn er zu weit weg auf einem Feld steht. So weiß er gleich, dass er das nicht darf. Ein Erziehungshalsband in einem Seminar von Maja Nowak? Ich war geschockt! Und warum rennt der in einem strukturierten Rudel lebender Hund einfach auf ein Feld, wenn ihn sein passender Hund nicht darum gebeten hat? Die laufen doch in Struktur fein säuberlich hintereinander und rennen nicht einfach aus der Reihe? Verstehe ich nicht. Nun ja, wie gesagt, der Tag war vorbei, die erste Kopfschmerztablette genommen und ich freute mich auf die Ruhe in meinem Apartment. Den ganzen Tag hatten Hudnebesitzer, die vorab von ihrem Liebling schwärmten, nur noch Abkürzungen für diesen benutzt: "Mein N3 passt leider rnicht zu meinem VHL." - "Mein MDH braucht einen Mitarbeiter. " - "Zu meinem V3 werde ich aufstocken."
Ich konnt es nicht mehr hören. Mit ein paar wenigen Seminarteilnehmern tauschte ich in diesen zwei Tagen natürlich auch Skepsis aus. Andere wiederum, stiegen voll und ganz auf die Rudelstellungstheorie ein. Es war ein eigenartiges Gefühl, des sich völlig Fremd in einer Welt fühlen, die doch so nicht wirklich sein kann.
Der dritte und letzte Tag stand an. Wieder Autoknast für meine Beiden, die so super lieb waren und keinen Piep von sich gaben. Ich war so stolz auf meine beiden unstruktorierten Hunde.
Der Tag begann wieder mit einer Runde im Zelt. Alle saßen vor Maja und ihrem Team und wurden aufgefordert, ihre Eindrücke der letzten beiden Tage zu schildern. Ich saß ganz weit hinten und lauschte dem Wahnsinn, der dann folgte. Die meisten Beteiligten waren scheinbar zu einer Erleuchtung gekommen, die sie zu einem ganz anderen Hundeweltbild geführt hatte. Manche überlegten, wie sie ihren Garten und die Wohnung teilen, um zwei nicht zusammenpassende Rudel zu halten, andere wollten noch mit 1-3 Hunden aufstocken, damit das Rudel stimmt. Manche überlegten auch schon, von welchem Hund sie sich verabschieden werden. Es war gruselig und mir war schlecht. Dann kam eine Seminarteilnehmerin an die Reihe, mit der ich mich seit dem ersten Tag super gut verstanden habe und wir unsere Bedenken austauschen konnten. Sie beschrieb den Knoten im Bauch, der ja auch meinen schon komplett ausfüllte und fragte, warum denn alle anderen Faktoren, die das Leben eines Hundes beeinflussen, bei der Rudelstellung ausgeblendet werden. Maja antwortete nicht. Sie diskutierte, wich aus, redete drum herum, ging auf Sachen ein, die gar nichts mit der Frage zu tun hatte. Es wurde emotional. Die Frau verließ irgendwann das Zelt und ging in den Wald. Ich sah viele Tränen in ihrem Gesicht und mir schnürrte es die Kehle zu.
Ich hatte nun noch fast eine Stunde Zeit, zu überlegen, ob ich auch dazu Stellung nehme. Viele berichteten wieder von ihrer Erleuchtung, einige sehr wenige drückten ihre Skepsis sehr vorsichtig aus. Über diese ging man aber schnell hinweg.
Dann, zwei Personen waren noch vor mir an der Reihe, taucht Frau Ertel direkt hinter mir auf und steigt in die Gespräche ein. Meine Kehle ist nun noch zugeschnürrter. Oh Gott, sage ich doch lieber nichts dazu. Dann bin ich dran. Es platz aus mir heraus und mit ganz bedachten und sortierten Worten formuliere ich meine Bedenken. Warum wird der Hund nicht mehr ganzheitlich betrachtet? Wie kann man davon ausgehen, dass ein Rudel nur glücklich und zufrieden ist, wenn es in Struktur ist? Was ist, wenn man diesen Hunden die Freiheit verwährt und sie nur im Haus leben dürfen? Sind sie immer noch durchweg glücklich und zufrieden? Warum habe ich die strukturierten Rudel nicht in Struktur erlebt, sondern nur Hunde, die ich in dieser Konstellation so niemals Zuhause haben wollte?
Frau Ertel holt aus und erwischt mich frontal mit ihrer Verbalattacke. "Wer glaubst du eigentlich, wer du bist? Verbrecherisch halte ich meine Hunde und setze mir die Krone der Schöpfung auf, weil ich die Rudelstellung anzweifle..." Oder so ähnlich. Es war unglaublich, welche Wut da auf mich ein prasselte. Alle waren still. Frau Ertel legte weiter los und Maja sagte auch irgend etwas dazu, was aber so belanglos war, dass ich es einfach vergessen habe. Minutenlang wird auf mich eingeredet. Ich versuche einen Vergleich aufstellen zu dürfen, werde aber immer wieder unterbrochen. Irgendwann bitte ich Maja inständig mich doch bitte ausreden zu lassen. Ich beschreibe folgende Situation: Außerirdische landen auf der Erde, beobachten jahrzehntelang die Menschheit und reisen wieder ab. Im Gepäck die Lösung des ultimativen Glücks für jeden Menschen. Diese sind nämlich nur glücklich, in einer Partnerschaft zwischen Mann und Frau mit zwei Kindern. So haben sie es schließlich zum größten Teil auf der Welt beobachten können. Aber stimmt das denn?
Dieser Vergleich ist natürlich Müll und hat mit Hunden nichts zu tun. Ok.
Zum Schluss spreche ich Maja noch direkt an und sage ihr, dass ich mich sehr auf dieses Seminar gefreut hatte und alles, was ich bisher von ihr kannte auch erwartet hatte. Einfach ihre Energie. Ich werde auch hier missverstanden und nicht gehört.
Nach mir sind noch zwei, drei Leute dran. Es wird geklatscht. Ich gehe und hole die Hunde aus dem Auto und begebe mich in Richtung Wald. Es kommt eine nette Frau zu mir, nimmt mich in den Arm und bedankt sich für meine Worte. Ich weine. Nach und nach kommen immer mehr, zum Schluss reden 5 Seminarteilnehmer mit mir und bedanken sich dafür, dass ich den Mut hatte, das zu sagen. Wir reden eine ganze Weile, dann gehe ich in den Wald. Ich suche die andere Teilnehmerin, die das Zelt weinend verlassen hat und kann sie nicht finden.
Ich bringe die Hunde zurück zum Auto und überlege die ganze Zeit, ob ich nun nicht einfach abfahre. Doch es kommt plötzlich eine Trainerin von Maja zu mir und entschuldigt sich, für das, was dort passiert ist. Wir reden, sie bestärkt mich in meiner Wahrnung, es kommen noch drei weitere Trainer, die unter vorgehaltener Hand auch Skepsis an dieser dogmatischen Haltung äußern. Mir teilweise sogar auch für meine Worte danken. Es ist alles so eigenartig und ich fühle mich, wie in einem falschen Film. Warum sagen die alle nichts?
Irgendwann werde ich von Maja gerufen, denn das Seminar ging natürlich auch ohne mich schon seit 2 Stunden weiter. Ich soll mit meinen beiden noch einmal auf den Platz, um zu zeigen, wie man mit zwei Bindehunden umgeht. Eigentlich will ich nicht, aber ich denke an meine Hunde und weiß, dass sie noch eine weite Heimreise haben. So können sie wenigstens noch einmal richtig rumrennen. Das tun sie natürlich auch und ich werde sofort kritisiert, nicht dazwischen zu gehen. Ich soll hinterherrennen und sie in Struktur bringen. Langsam gehe ich ihnen nach und denke nur: Rennt ihr Mäuse, Rennt!
Ich tue mein Bestes, um sie auf dem Rückweg zum Zaun, in Reih und Glied zu bringen. Das gelingt mir natürlich nicht. Die beiden hatten schließlich 3 Tage Autoknast und sind sonst mindestens 2 Stunden Gerenne am Tag gewöhnt. Sie laufen und schnüffeln langsam neben mir, laufen aber mal links und mal rechts und halten manchmal auch an. Alles falsch und fatal! Ich frage Maja, ob sie mit ihren Hunden immer in Reih und Glied geht. "Ja, immer". Ok. Emmi und Sopa haben sich in der Zwischenzeit neben mich gelegt und knabbern jeder an einem Stöckchen. Absolutes Fehlverhalten! Dann wird auch noch das Stöckchen getauscht! Ressourcenkontrolle! Ich sage: "Die spielen vielleicht nur." Oh nein, das war zu viel. "Hunde spielen nicht." Bellt Frau Ertel los. Ok. Wir reden noch kurz über eine Doku über Wölfe, in der ein Wolf gezeigt wird, wie er spielt. Auch das ist nicht richtig. Das gibt es nicht. Ich leine die beiden an und bringe sie ins Auto. Wieder kommen Trainer zu mir und reden mit mir. Stimmen mir zu und erklären mir, dass das Seminar leider etwas blöd gelaufen ist. Es ist schließlich das erste Mal mit Frau Ertel.
Zum Schluss erlebe ich noch Frau Ertel mit ihren 5 Hunden, die auch auf das eingezäunte Gelände gelassen werden. Einer schnappt sich ihren Arm und will immer wieder in den Arm beißen. Alle anderen drehen völlig durch und rennen und raufen miteinander rum. Das ist also Struktur?
Das ist meine eigene subjektive Wahrnehmung von einem Seminar, in dem die vererbte Rudelstellung absolut in den Vordergrund gerückt wurde. Ich habe Angst, wenn ich an die Folgen denke, die das für Hunde haben wird. Menschen, die blind den Worten vertrauen und ihren Kopf und Bauch ausschalten. Bitte seid vorsichtig mit diesem Thema und behaltet Eure Hunde im Blick!
Oktober bis Juni war eine lange Wartezeit, in dieser verfolgte ich die Sendungen im ZDF, las noch 2 Bücher von Maja und erlebte sie auf zwei Lesungen. Die Begeisterung wuchs. Das Thema Rudelstellung tauchte auch auf und ich las mir einige Informationen dazu durch, befasste mich aber eher oberflächlich mit diesem Thema. Es war interessant und ich war natürlich auch neugierig darauf, welche Stellung meine beiden Hunde haben werden und wie ich diese in meinem Umgang mit ihnen berücksichtigen muss.
Nun war es soweit, das Seminar stand an und ich erhielt eine Mail. Wir wurden informiert, dass Barbara Ertel zum Seminar hinzukommen wird, um unsere Hunde aufzustellen, da nur sie dies kann. Ok, dachte ich und wunderte mich etwas, dass die Mail so einen großen Knoten in meinem Bauch verursachte. Irgendwie waren die Formulierungen komisch. Man sollte genau darüber nachenken, ob man am Seminar teilnehmen möchte. Denn natürlich kann bei der Aufstellung der Hunde auch ein unschönes Ergebnis für den Halter herauskommen. Was könnte wohl passieren? Man könnte nicht passende Hunde haben und dann die Konsequenzen ziehen müssen. So war es geschrieben und gewollt. Kann ich das im Vorfeld? Kann ich mich in alle Situationen hineinversetzen, die so eine Aufstellung mit sich bringen kann? Ich war mir sicher, dass ich das vorab nicht kann und denke, dass sich daraus auch dieser Knoten gebildet hat. Vielleicht hatte mein Bauch auch einfach wieder das richtige Gefühl und warnte mich vor diesem schlimmen Erlebnis. In dieser Mail wurden wir außerdem darauf hingewiesen, dass die Hunde am ersten Seminartag einige Zeit im Auto bleiben müssen. Wie lange stand, leider nicht dabei. Ich schrieb also zurück, dass ich das Seminar besuchen werde und fragte, was mit den Hunden passieren wird, wenn die Temperaturen steigen und man seinen Hund keine 5 Minuten im Auto lassen möchte. Ich erhielt darauf keine Antwort.
Der Wetterbericht zeigte am Vortag 17° und so fuhr ich zum Seminar, ohne schlechtes Gefühl. Ich ging davon aus, dass Emmi und Sopa ein paar wenige Stunden im Auto warten müssen, bis alle anderen Hunde eingeschätzt wurden und dann mit mir aussteigen dürfen und das Seminar so richtig startet. Ich dachte falsch.
Wir kamen an, parkten, ich sicherte mein Auto, so dass meine beiden Mäuse nicht hinausschauen konnten und keine anderen Hunden sahen. Dann meldete ich mich an und unterschrieb AGBs, die ich leider vorab nicht gelesen habe. Was darin stand, kann ich nicht genau sagen. Ob es die AGBs von Majas Seite waren, oder noch etwas anderes darin stand, keine Ahnung. Ich bereue jetzt, dass ich nicht nachgelesen habe, hätte aber wohl zu diesem Zeitpunkt diese trotzdem unterschrieben.
Weiter wurde nichts erklärt. Wir alle (ca. 18 Menschen, die mit Hunden angereist waren, ca. 10 Personen ohne Hunde, einige Trainer, Hospitanten, Mitarbeiter usw., sagen wir ca. 60 Personen) nahmen in einem Zelt Platz und Barbara Ertel begann ihren Vortrag zum Thema vererbte Rudelstellung. Eine Frau so an die 60, sehr konsequent in ihrer Ausdrucksweise, Kettenraucherin und für mich, wenig sympathisch. Der Vortrag dauerte etwa eine Stunde, dann begann die Einschätzung der Hunde.
Die Aufstellung begann mit einer Besitzerin von 4 Maltesern. Nacheinander wurden die Hunde einzeln auf den Platz geführt, Frau Ertel gab eine Einschätzung ab und holte Hunde zum Gegenschätzen hinzu. Dann wurde die Stellung festgelegt. Bei ihren 4 Maltesern kam ein zweifacher Doppelbesatz heraus. zwei MDHs und zwei N3s. Katastrophe für alle Beteiligten. Jedenfalls wurde dies so von allen "Wissenden" formuliert.
Es fielen Worte wie "Der MDH taugt was, der andere kann weg." - "Die beiden würde ich behalten, die anderen müssen weg." - "Ich hätte auch jemanden, der würde deinen MDH sofort nehmen."
Was? Wie bitte? Darf ich erst einmal über das nachdenken, und es verdauen, was hier festgestellt wird? Der Umgangston war hart, in keinster Weise einfühlsam und ich kam mir vor, wie auf einer Tauschbörse. Nur leider ging es nicht um farbige Lampen, die nicht zueinander passen, sondern um unsere Hunde, unsere Familienangehörige.
Es folgte noch ein Halter mit seinen Hunden, dann waren wir dran. Ich musste zuerst mit Emmi in ein großes eingezäuntes Gelände gehen und Frau Ertel sah zu, wie Emmi ihrer Wege ging. Kolleginnen von ihr kommentierten das, was sie selbst sahen, denn oft konnte man als Zuschauer nicht verstehen, was Frau Ertel sagte, wenn sie mit den Hundebesitzern sprach. (Manchmal war das wohl auch gut so.)
Kastriert, 2 Jahre, aus dem spanischen Tierschutz. Das war noch wichtig zu sagen, dann war alles klar: Emmi ist ein hinterer Bindehund N3, dreist, aber fähig, denn Straßenhunde haben so etwas noch instinktiv in sich.
Ok? Emmi ein Straßenhund? Wer sagt das? War sie nie. Sie zog als kleiner ein paar Wochen alter Welpe zu einer Frau und wuchs dort als ganz normaler Familienhund auf, bis sie mit ein paar Monaten zu mir kam. Erfahrung auf der Straße hat Emmi sicher nie gemacht.
Dann kam Sopa, gleiches Spiel, kastriert, 2,5 Jahre, spanischer Tierschutzhund. Sopa ging genauso ihrer Wege wie Emmi, nur wälzte sie sich irgendwann vor mir auf dem Rücken. Es war sofort klar: Sopa ist ein vorderer Bindehund V3, auch dreist, aber auch fähig. Natürlich bekamen auch beide jeweils 2 verschiedene Hunde zum gegenchecken vor die Nase gesetzt. Emmi fand den einen super, den anderen total blöd. Sopa fand beide blöd. Ich sah da nichts, was mir die Stellung hätte erklären können. Das ich schon vorher annahm, dass beide keine Leithunde waren, sondern Bindehunde, war ja gar nicht so schlecht. Richtig toll fand ich, dass ich sogar Sopa nach vorn und Emmi schon in das hintere Rudel sortiert hatte. Meine Wahrnehmung in Bezug auf meine Hunde, ist also gar nicht so falsch.
Ich brachte meine Hunde zum Auto und plötzlich folgte mir eine Mitarbeiterin mit Wattestäbchen und forderte mich auf, DNA Proben von meinen Hunden nehmen zu wollen. Bitte was? Wozu? Ok, damit soll die Rudelstellungstheorie wissenschaftlich belegt werden. Dann mal los. Aber warum wird man darüber nicht vorab informiert? Schon wieder ein komisches Gefühl.
Bei einigen Hundehaltern klebten die Hunde am Bein und konnten mit anderen Hunden gar nichts anfangen. Das alles wurde natürlich mit ihrer Stellung im Rudel begründet. Und das diese in Unstruktur lebenden Hunde, völlig verstört sind und nicht natürlich reagieren können. Ob dieses "Kleben" auch an der Haltung und den Umgang mit den Hunden liegt, spielte überhaupt keine Rolle. Ich sah zu, sah aber nichts. Nichts von dem, was anscheinend die meisten der Anwesenden zu sehen schienen. Liegt das an mir? Oder steht mir da einfach meine ganzheitliche Sicht auf die Hunde im Weg?
Kommen wir noch einmal zu den Maltesern: Es handelte sich um eine Hündin mit ihren drei Welpen, die nun aber schon lange aus dem Welpenalter waren. Die Mutter wurde von allen Welpen gemoppt und attakiert. Liegt wohl an der Rudelstellung, könnte man meinen. Ich konnte die Besitzerin das gesamte Wochenende beobachten und würde hier mal meine Einschätzung abgeben: Die Hündin brachte ihre Welpen zur Welt, die Besitzerin behielt 3 der süßen Kleinen und kümmerte sich rührend um die kleinen weißen Fellknäule. Hochnehmen, streicheln, schmusen, spielen. Die Hündin wird natürlich erst einmal ein klein wenig vernachlässigt. Jedoch ein fataler Fehler beim Heranwachsen der Kleinen, denn die nehmen dies natürlich wahr und ordnen ein, was sie sehen: Die Mutter ist schwächer und wir stehen im Mittelpunkt. Zusammen machen wir sie also noch kleiner und aus den niedlichen kleinen Knäulen, werden kleine "Bestien", die nicht sehr nett mit ihrer Mama umgehen. Ob das stimmt, ich weiß es nicht. Es ist einfach meine Vermutung.
Der gesamte Freitag ging mit diesen Einschätzungen so weiter. Schlussendlich saßen Emmi und Sopa 9 STUNDEN im Auto und ich war so genervt und gestresst davon, dass sich mein Knoten im Bauch noch mehr zusammen zog. Dieser war eh schon ein Dreifachknoten, denn alles was ich an diesem Tag erlebte, war so erschütternd menschen- und tierverachtend. Der Umgangston war hart und unfair. Es fielen Worte wie "Verbrecher", "Tierquäler" usw., wenn man mit einer Konsequenz nicht umgehen konnte. Fragen wurden nur beantwortet, wenn man damit die Rudelstellungstheorie stärken konnte. Hinterfragen durfte man das nicht.
Mit einem schlimmen Gefühl fuhr ich in mein Apartment und war völlig erledigt von diesem Tag, an dem ich von Maja Nowak so gut wie gar nichts mitbekommen habe.
Was passiert wohl am nächsten Tag? Klar war, dass dann die strukturierten Rudel aufgestellt werden sollten und wir an ihnen sehen werden, wie dann die Hunde kooperieren und miteinander arbeiten. Ok, vielleicht habe ich bisher einfach nicht verstanden, worum es geht. Bleibe ich dabei und schaue mir das an. Dann geht ja auch sicher das "richtige" Seminar mit Maja los. Eben das, was ich ja eigentlich gebucht hatte.
Am Samstag ging es dann weiter: Auotknast für Emmi und Sopa. Emmi durfte ich zwei Mal aus dem Auto holen und sie wurde mit einem Hund in den Auslauf gelassen. Und wieder das gleiche Bild: zwei Hunde der gleichen für Emmi passenden Stellung, einen findet sie toll, den anderen ganz schön doof. Und dabei waren die doch beide passend für sie?! Sopa wurde an diesem Tag nicht gebraucht. Ich schaute mir also 7 Stunden lang strukturiere Rudel an, die für mich einfach keine Struktur erkennen ließen. Meist war es ein buntes Durcheinander, Gebelle, Gerenne, Gezanke, oder einfach totales Desinteresse aneinander. Das ein Rudel mal in einer Reihe hintereinander sortiert und geordnet lief, sah ich leider nicht. Da meine Hunde ja nun aber auch ab und zu mal etwas Bewegung brauchten, ging ich mit diesen alle paar Stunden mal eine Weile in den Wald. Vielleicht habe ich das strukturierte Rudel auch einfach verpasst. Der zweite Tag ging zu Ende, wieder erlebte ich so gut wie gar nichts von Maja, sondern nur Frau Ertel, wie sie Menschen demütigte, mit Worten klein machte, Druck ausübte und Fragen auswich. Beeindruckend fand ich einen ihrer Hunde, ein kurzhaariger Jagdhund, der in einem Rudel lief. Ich beobachtete ihn genau und sah an seinem Halsband etwas großes hängen. Erst dachte ich, es ist eine kleine Kamera, denn alles wurde die ganzen Tage gefilmt. Doch dann fragte jemand, was es denn sei. Frau Ertel fummelte schnell das Teil ab und sagte, dass der Hund ab und an jagen geht und sie damit einmal "piep" macht, wenn er zu weit weg auf einem Feld steht. So weiß er gleich, dass er das nicht darf. Ein Erziehungshalsband in einem Seminar von Maja Nowak? Ich war geschockt! Und warum rennt der in einem strukturierten Rudel lebender Hund einfach auf ein Feld, wenn ihn sein passender Hund nicht darum gebeten hat? Die laufen doch in Struktur fein säuberlich hintereinander und rennen nicht einfach aus der Reihe? Verstehe ich nicht. Nun ja, wie gesagt, der Tag war vorbei, die erste Kopfschmerztablette genommen und ich freute mich auf die Ruhe in meinem Apartment. Den ganzen Tag hatten Hudnebesitzer, die vorab von ihrem Liebling schwärmten, nur noch Abkürzungen für diesen benutzt: "Mein N3 passt leider rnicht zu meinem VHL." - "Mein MDH braucht einen Mitarbeiter. " - "Zu meinem V3 werde ich aufstocken."
Ich konnt es nicht mehr hören. Mit ein paar wenigen Seminarteilnehmern tauschte ich in diesen zwei Tagen natürlich auch Skepsis aus. Andere wiederum, stiegen voll und ganz auf die Rudelstellungstheorie ein. Es war ein eigenartiges Gefühl, des sich völlig Fremd in einer Welt fühlen, die doch so nicht wirklich sein kann.
Der dritte und letzte Tag stand an. Wieder Autoknast für meine Beiden, die so super lieb waren und keinen Piep von sich gaben. Ich war so stolz auf meine beiden unstruktorierten Hunde.
Der Tag begann wieder mit einer Runde im Zelt. Alle saßen vor Maja und ihrem Team und wurden aufgefordert, ihre Eindrücke der letzten beiden Tage zu schildern. Ich saß ganz weit hinten und lauschte dem Wahnsinn, der dann folgte. Die meisten Beteiligten waren scheinbar zu einer Erleuchtung gekommen, die sie zu einem ganz anderen Hundeweltbild geführt hatte. Manche überlegten, wie sie ihren Garten und die Wohnung teilen, um zwei nicht zusammenpassende Rudel zu halten, andere wollten noch mit 1-3 Hunden aufstocken, damit das Rudel stimmt. Manche überlegten auch schon, von welchem Hund sie sich verabschieden werden. Es war gruselig und mir war schlecht. Dann kam eine Seminarteilnehmerin an die Reihe, mit der ich mich seit dem ersten Tag super gut verstanden habe und wir unsere Bedenken austauschen konnten. Sie beschrieb den Knoten im Bauch, der ja auch meinen schon komplett ausfüllte und fragte, warum denn alle anderen Faktoren, die das Leben eines Hundes beeinflussen, bei der Rudelstellung ausgeblendet werden. Maja antwortete nicht. Sie diskutierte, wich aus, redete drum herum, ging auf Sachen ein, die gar nichts mit der Frage zu tun hatte. Es wurde emotional. Die Frau verließ irgendwann das Zelt und ging in den Wald. Ich sah viele Tränen in ihrem Gesicht und mir schnürrte es die Kehle zu.
Ich hatte nun noch fast eine Stunde Zeit, zu überlegen, ob ich auch dazu Stellung nehme. Viele berichteten wieder von ihrer Erleuchtung, einige sehr wenige drückten ihre Skepsis sehr vorsichtig aus. Über diese ging man aber schnell hinweg.
Dann, zwei Personen waren noch vor mir an der Reihe, taucht Frau Ertel direkt hinter mir auf und steigt in die Gespräche ein. Meine Kehle ist nun noch zugeschnürrter. Oh Gott, sage ich doch lieber nichts dazu. Dann bin ich dran. Es platz aus mir heraus und mit ganz bedachten und sortierten Worten formuliere ich meine Bedenken. Warum wird der Hund nicht mehr ganzheitlich betrachtet? Wie kann man davon ausgehen, dass ein Rudel nur glücklich und zufrieden ist, wenn es in Struktur ist? Was ist, wenn man diesen Hunden die Freiheit verwährt und sie nur im Haus leben dürfen? Sind sie immer noch durchweg glücklich und zufrieden? Warum habe ich die strukturierten Rudel nicht in Struktur erlebt, sondern nur Hunde, die ich in dieser Konstellation so niemals Zuhause haben wollte?
Frau Ertel holt aus und erwischt mich frontal mit ihrer Verbalattacke. "Wer glaubst du eigentlich, wer du bist? Verbrecherisch halte ich meine Hunde und setze mir die Krone der Schöpfung auf, weil ich die Rudelstellung anzweifle..." Oder so ähnlich. Es war unglaublich, welche Wut da auf mich ein prasselte. Alle waren still. Frau Ertel legte weiter los und Maja sagte auch irgend etwas dazu, was aber so belanglos war, dass ich es einfach vergessen habe. Minutenlang wird auf mich eingeredet. Ich versuche einen Vergleich aufstellen zu dürfen, werde aber immer wieder unterbrochen. Irgendwann bitte ich Maja inständig mich doch bitte ausreden zu lassen. Ich beschreibe folgende Situation: Außerirdische landen auf der Erde, beobachten jahrzehntelang die Menschheit und reisen wieder ab. Im Gepäck die Lösung des ultimativen Glücks für jeden Menschen. Diese sind nämlich nur glücklich, in einer Partnerschaft zwischen Mann und Frau mit zwei Kindern. So haben sie es schließlich zum größten Teil auf der Welt beobachten können. Aber stimmt das denn?
Dieser Vergleich ist natürlich Müll und hat mit Hunden nichts zu tun. Ok.
Zum Schluss spreche ich Maja noch direkt an und sage ihr, dass ich mich sehr auf dieses Seminar gefreut hatte und alles, was ich bisher von ihr kannte auch erwartet hatte. Einfach ihre Energie. Ich werde auch hier missverstanden und nicht gehört.
Nach mir sind noch zwei, drei Leute dran. Es wird geklatscht. Ich gehe und hole die Hunde aus dem Auto und begebe mich in Richtung Wald. Es kommt eine nette Frau zu mir, nimmt mich in den Arm und bedankt sich für meine Worte. Ich weine. Nach und nach kommen immer mehr, zum Schluss reden 5 Seminarteilnehmer mit mir und bedanken sich dafür, dass ich den Mut hatte, das zu sagen. Wir reden eine ganze Weile, dann gehe ich in den Wald. Ich suche die andere Teilnehmerin, die das Zelt weinend verlassen hat und kann sie nicht finden.
Ich bringe die Hunde zurück zum Auto und überlege die ganze Zeit, ob ich nun nicht einfach abfahre. Doch es kommt plötzlich eine Trainerin von Maja zu mir und entschuldigt sich, für das, was dort passiert ist. Wir reden, sie bestärkt mich in meiner Wahrnung, es kommen noch drei weitere Trainer, die unter vorgehaltener Hand auch Skepsis an dieser dogmatischen Haltung äußern. Mir teilweise sogar auch für meine Worte danken. Es ist alles so eigenartig und ich fühle mich, wie in einem falschen Film. Warum sagen die alle nichts?
Irgendwann werde ich von Maja gerufen, denn das Seminar ging natürlich auch ohne mich schon seit 2 Stunden weiter. Ich soll mit meinen beiden noch einmal auf den Platz, um zu zeigen, wie man mit zwei Bindehunden umgeht. Eigentlich will ich nicht, aber ich denke an meine Hunde und weiß, dass sie noch eine weite Heimreise haben. So können sie wenigstens noch einmal richtig rumrennen. Das tun sie natürlich auch und ich werde sofort kritisiert, nicht dazwischen zu gehen. Ich soll hinterherrennen und sie in Struktur bringen. Langsam gehe ich ihnen nach und denke nur: Rennt ihr Mäuse, Rennt!
Ich tue mein Bestes, um sie auf dem Rückweg zum Zaun, in Reih und Glied zu bringen. Das gelingt mir natürlich nicht. Die beiden hatten schließlich 3 Tage Autoknast und sind sonst mindestens 2 Stunden Gerenne am Tag gewöhnt. Sie laufen und schnüffeln langsam neben mir, laufen aber mal links und mal rechts und halten manchmal auch an. Alles falsch und fatal! Ich frage Maja, ob sie mit ihren Hunden immer in Reih und Glied geht. "Ja, immer". Ok. Emmi und Sopa haben sich in der Zwischenzeit neben mich gelegt und knabbern jeder an einem Stöckchen. Absolutes Fehlverhalten! Dann wird auch noch das Stöckchen getauscht! Ressourcenkontrolle! Ich sage: "Die spielen vielleicht nur." Oh nein, das war zu viel. "Hunde spielen nicht." Bellt Frau Ertel los. Ok. Wir reden noch kurz über eine Doku über Wölfe, in der ein Wolf gezeigt wird, wie er spielt. Auch das ist nicht richtig. Das gibt es nicht. Ich leine die beiden an und bringe sie ins Auto. Wieder kommen Trainer zu mir und reden mit mir. Stimmen mir zu und erklären mir, dass das Seminar leider etwas blöd gelaufen ist. Es ist schließlich das erste Mal mit Frau Ertel.
Zum Schluss erlebe ich noch Frau Ertel mit ihren 5 Hunden, die auch auf das eingezäunte Gelände gelassen werden. Einer schnappt sich ihren Arm und will immer wieder in den Arm beißen. Alle anderen drehen völlig durch und rennen und raufen miteinander rum. Das ist also Struktur?
Das ist meine eigene subjektive Wahrnehmung von einem Seminar, in dem die vererbte Rudelstellung absolut in den Vordergrund gerückt wurde. Ich habe Angst, wenn ich an die Folgen denke, die das für Hunde haben wird. Menschen, die blind den Worten vertrauen und ihren Kopf und Bauch ausschalten. Bitte seid vorsichtig mit diesem Thema und behaltet Eure Hunde im Blick!